Geschrieben von: Jens Kirchhoff
Hauptkategorie: Für die Öffentlichkeit
Kategorie: Fachartikel
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+++ 03.06.2020 +++

Uns ist eine Broschüre in die Hände gekommen, die offensichtlich eine Wissenslücke in der Geschichte der Prozessrechner füllen könnte. Denn unter der Suche nach DP700 oder DP1000 sowie Brown Boveri (heute ABB) ist im Netz derzeit nichts zu finden. Daher soll dieser Fachartikel eine Kurzfassung anbieten sowie einen Scan der Broschüre in niedriger Auflösung (hohe Auflösung auf Anfrage für Forschungszwecke).

 BBC DP1000 logo Custom

Historie

Die Steuerung von Automaten und industriellen Prozessen – meist Regelungen der Verfahrenstechnik wurden schon ohne Computer gelöst. Man nutzte Mechanik, Pneumatik und später Elektrik/Elektronik.

Abgrenzend sollte man auseinanderhalten die Steuerung mittels Schaltsignalen (an/aus) und proportionale bzw. stetige Signale. Letztlich kann jeder Regler zur Prozessüberwachung dienen, angefangen beim Fliehkraftregler, dessen Sensor der Masseausleger ist -also Messung der Drehzahl-, welcher über eine Koppelstange (z.B.) ein Ventil zu einem zu regelnden Flüssigkeits- oder Dampfkreislauf anhebt.

Die pneumatischen (elektropneumatischen) oder hydraulischen Systeme können mittels Drucksensoren und -Aktoren innerhalb eines mittelgroßen Raumes als logische Maschinen (Ventilsteuerung) aufgebaut werden. Allerdings sind sie nicht programmierbar und nutzen schaltende Aktoren. Das schließt ein, dass aus- bzw. einfahrende Zylinder als Motoren fungieren, welche ggf. durch Anschläge auf eine Endposition begrenzt werden.

Elektronisch waren Analogcomputer auch für Steuerungszwecke im Einsatz, die aber ebenfalls nicht zu den Prozessrechnern gezählt werden können.

Erstaunlich ist dabei der fließende Übergang von elektronischen oder elektromechanischen Analogrechnern zu den digitalen Computern nach „von Neumann“-Architektur. Der Apollo Guidance Computer (Apollo 11 / Mondlandung) war eine exotische digitale Eigenkonstruktion von Computer mit starkem Charakter eines Prozessrechners, von dem man nicht abwich, als es mitten in der Entwicklung Microcomputer zu kaufen gab. Das Navigationssteuergerät eines Kampfjets als Kombination von elektromotorischen Aktoren und mechanischem Rechenwerk (Getriebe, Planimeter) war noch in den späten 1970er Jahren im Einsatz, obwohl man schon digitale Elektronik hatte.

Ford Instruments flight computer 75 995 4 Klein

Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

Ford Instruments flight computer 75 995 1 Klein

Abbildung 1: Ford-Instruments_flight-computer Modell 75-995 / ASN7 © Computer Cabinett Göttingen
Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

Dies erklärt sich aus der Sicherheit erprobter Technik. Man wollte nicht riskieren, dass die neue Computertechnik wegen Hitzeproblemen, kalter Lötstellen, durchbrechender Platinen unter G-Last, Kriechströme im Vakuum, Absturz des Betriebssystems etc. eine Katastrophe auslöst.

Unter Einsatz elektr(on)ischer Schaltglieder (Relais, Röhre, Diade/Transistor) und dem Repertoir der Elektrotechnik wurden regeltechnische Schaltungen zur Prozessteuerung konstruiert und aufgebaut. Die im Folgenden genannte Firma Brown-Boveri war auf diesem Segment stark im Markt vertreten.

Mit den integrierten Schaltkreisen begann einerseits der verbreitete Aufbau von industriell eingesetzten Computern, andererseits gelang es nach entsprechend weit fortgeschrittener Integration, und der damit einhergehenden Verkleinerung der Elektronik bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsfähigkeit, spezielle CPU’s mit einem Verknüpfungskonzept von begrenzt „intelligenten“ Schaltboxen zu lancieren: die SPS (speicher-programmierbare Steuerung). Hierzu bedurfte es einer Programmierung mittels Computer und speziellem Betriebssystem. Danach konnte das SPS-System autark arbeiten, aber auch mit Computern zusammen. Diese Fortsetzung fest verdrahteter Logik war immer noch mit reichlich Leitungen gesegnet, welche zu den Schaltboxen auf Schienen in Schaltschränken, oder offen, führten, also physikalisch zentral orientiert.

Dies wurde mit Einsatz des Feldbus‘ anders: Die Signale gingen von Erfassung über Verarbeitung zur Ausgabe (EVA) über einen Ring und/oder Stern und/oder Bus (echtzeitfähige Topografie). Und sie konnten über längere Entfernungen arbeiten. Hier sind ebenfalls Computer zur Programmierung notwendig, aber auch das ist noch kein Prozessrechner, wenn auch ein Prozessrechner Feldbusse und SPS’en nutzen kann.

CIMLab Mitsubishi Roboter 32 Klein

Abbildung 2: Feldbusanlage, u.a. mit Elektropneumatik (HAWK Göttingen)
Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

„War die erste Phase der rechnergestützten Automatisierungstechnik durch große zentrale Prozeßrechneranlagen mit teilweise riesigen „Verkabelungssternen“ gekennzeichnet, setzen sich heute - der räumlichen und funktionellen Struktur der zu automatisierenden technischen Prozesse angepaßt - dezentrale, verteilte Prozeßrechensysteme durch, bei denen besonders in den Feldfunktionen direkt am Prozeß die Mikrorechner dominieren. Realzeitsysteme hatten seit Anbeginn überdurchschnittliche Softwarekomplexitäts- und -Zuverlässigkeitsprobleme.“
(Krüger, 1984)

PS: Einen weiteren witgehend unbekannten Prozessrechner EDDA3 haben wir ebenfalls per Prospekt entdeckt und beschrieben.

Definition

„Computer zur automatischen Überwachung, Steuerung und/oder Regelung von industriellen (Prozesssteuerung) oder anderen physikalischen Prozessen. ANMERKUNG: bezüglich Aktoren und Sensoren hierzu wird verwiesen auf „Elektrische Messtechnik nichtelektrischer Größen“. Die bevorzugte Betriebsart ist der Echtzeitbetrieb.

(Lackes)

Und es kommt nicht auf die Übertragung großer Datenmengen im Sinne von großen Dateien, wie z.B: Videos, oder Datenströme größerer Bandbreite (streaming) an, sondern auf die Geschwindigkeit, mit der möglichst viele kleinere Datenpakete mit Sensordaten, Aktoranweisungen oder Zustandsmeldungen von möglichst vielen Quellen bzw. an möglichst viele Senken vermittelt und verarbeitet werden können. Übrigens wird die lückenose Verfügbarkeit beim streaming bzw. die immer „sofortige“ Informationsbereitstellung nur über den Trick der Pufferung eines durchlaufenden Speicherplatzes erreicht, stellt also, da verzögert bereitgestellt, keine Echtzeitfähigkeit dar.

Die Computer-Hardware und das Betriebssystem spielen hierbei die entscheidende Rolle. Laut EULA (Endbenutzer-Lizenzvertrag, auch Endbenutzer-Lizenzvereinbarung) ist Microsoft®-Windows® nicht für militärische und medizinische Zwecke geeignet. Offensichtlich ist hier Echtzeitverhalten nicht sichergestellt.

Echtzeitverhalten (real time)

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zeitliche Verhalten der CPU – bzw. mehrerer CPU’s zu beeinflussen. Dabei kann jede CPU zu einem Zeitpunkt nur für ein Programm rechnen, während andere warten müssen. Bei mehreren CPU’s könnte ein gemeinsamer Bus zu der Peripherie, RAM etc. das Zeitverhalten kritisch beeinflussen. Auch die Zusammenarbeit mehrerer Rechner im Verbund ist möglich, wozu allerdings die Kommunikation zwischen diesen mit in die Zeitenkalkulation einbezogen werden muss. Bei Nutzung eines Netzwerkes (z.B. ISO-OSI-Schichten) spielt das eine besondere Rolle. (Trauboth & Jaeschke, 1984)S.151ff

Wikipedia nennt die Ereignissteuerung über interupts unter Festlegung notwendiger Prioritäten und Zeitscheiben (time slots) mit definierter Rechenzeit für ein laufendes Programm (task).

Ein Prozessrechner muss das aktuell richtige Verhalten sicherstellen, also Input und Output der Daten entsprechend aktuell und richtig zur Verfügung stellen, nicht ausfallen, nicht abstürzen. Auch die Prioritäten der einzelnen laufenden, aktiven Programmteile (task) sind abzustimmen, ggf. auch bezüglich einem übergeordneten Programm, das auf die Rechenergebnisse der Unterprogramme warten muss. Die Abfolge von Zuständen muss deterministisch und zwangsläufig richtig sein. Dabei sind ggf. mehrere Teilzustände „simultan“ herzustellen (im Sinne: EVA erfolgen komplett während einer Zustandszeit).

Letztlich wird einer oder werden mehrere Regelkreise realisiert, die stabil (schnell genug) und zielführend ablaufen, einschließlich Notfall- und fail-safe-Verhalten, wenn Daten nicht im Input kommen oder nicht plausibel sind.
(siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Echtzeitsystem )

Anwendungen

Allgemein

Chemie, Hüttenwerke, Raffinerie, Walzstraße, Lebensmittel, Kosmetik, Pharma oder Kraftwerke (konventionell oder Wind-/Wasserkraft oder Atom- oder Forschung an Fusion), Kraftwerksnetze-Fernüberwachung, sowie Medizingeräte, Messsysteme (Waagen, Laservermessung an KFZ-Rohbauten), Triebwerke/Generatoren (Strahl-, Kolben-, Elektro-)

Öfen, Kälteanlagen, Dosierer, Lüftung, Transport, Trennung, Sortierung, Lagerung, Verpackung, Reinigung, Materialflusssteuerung/Disposition/Konfektionierung, Auflösung von Stoffen in Stoffen, Montage, Verdichtung, Etikettierung, Identifizierung, Peilen, Nachführen, Navigieren, Triebwerke, etc.

on-board (zivil/Militär) Auto, Schiff, Flugzeug,
Waffenziele/Radar: Schiff-Schiff, Boden-Luft, Luft-Boden, Luftkampf, Cruise Missile,
Nachführung astronomischer Teleskope im Verbund, Raumstationen, Raketensteuerung
Computerunterstützte Prothesen und Exoskelette,

Größen: Druck, Volumenstrom, Volumen, Temperatur, Feuchte, Partikel- oder Tröpfchendichte im Aerosol, Gaskonzentration (Alkohol/Benzin/etc. in Luft), Mischungsverhältnis (Dosierung), Viskosität,
Strom, Spannung, Widerstand, Weg/Länge (Dicke.Breite-Höhe, Abstand) Geschwindigkeit, Beschleunigung, Strahlung (Infrarot, UV, Licht, Röntgenstrahlung),
dazu Zeit, Zeitverhalten (gleitender Mittelwert, Prognose), Statistik, Protokoll

(Computer History Museum, 2020)

Schaut man sich heute einen Airbus A330 an mit sieben (!) Prozessrechnern zur Steuerung und Überwachung der Systeme, die „im Keller“ vorne in einem imposanten Regalwerk untergebracht sind, wird einem schwindelig, auch wegen der echtzeitfähigen Kommunikation teilweise über Netzwerke. (Aigner, 2017) Schaut man sich das Motorsteuergerät eines aktuellen KFZ-Modells als Schaltung an, auch. Muss man die Steuerungsprozesse im KFZ über CANBUS verstehen, weil man z.B. nur eine Blinkerschaltung für den Anhängerstecker programmieren muss, gibt es lange bzw. verzweifelte Abende. Für Klimaanlagen in z.B. Flughäfen kennen wir die Steuerung nicht, können aber davon ausgehen, dass diese extrem komplex (zu steuern) sind, von wahrscheinlich einem oder mehreren Prozessrechnern.


Brown Boveri

Die BBC (heute ABB) hat nichts im Anlagenbau für Industrie, Kommunen-Infrastruktur, Bau, Transport, Lagerung etc. und Antriebstechnik ausgelassen, ist als Maschinenbauer und elektrotechnischer Betrieb bis heute weltweit mit führender Anbieter.

Für die hier betrachtete Zeit der 1970er Jahre kann Bezug genommen werden auf eine Zeitschrift (BBC-R2, 1973) , aus der die Themen von damals zitiert werden (ins Deutsche aus dem Englischen):

Obwohl in der Zeitschrift im ersten Artikel der ED1000-Rechner vorgestellt wird, erläutern die oben genannten bebilderten Beiträge -mit Physik und Struktur der Anlage- die Anwendungen ohne Prozessrechner, scheinen also noch konventionell gebaut worden zu sein.

BBC Schaltbild Ausschnitt Klein

Abbildung 3: Ausschnitt aus Schaltbild einer Anlage (BBC-R2, 1973) S.482

In der Dezemberausgabe 1974 (BBC-R1, 1974) sind Antriebe von Eisenbahn und Bus Themen. Hier spielen Prozessrechner (noch!?) keine Rolle. Dasselbe gilt für die Maiausgabe (#5/1974), in der über Turbinenbau berichtet wird.

BBC- DP 700

Im beiliegenden Prospekt (BBC-Library, 1974) ist von Prozess-KLEINrechnern die Rede. Ihr Einsatz ist im Anlagenbau Mitte der 1970er Jahre nicht zwangsläufig gegeben, weil man einerseits noch nicht genügend Erfahrung hat mit der Leistungsfähigkeit (Verarbeitungsgeschwindigkeit), Beherrschung der Komplexität und Sicherheit / Zuverlässigkeit hat. Es gibt aber „komplexe digitale Baureihen-Elektronik“, die man ggf. mit Prozess-Kleinrechnern zu einem Gesamtsystem aufbauen kann. (BBC-Library, 1974).. bzw. Anhang.S.1 & S.2 oben rechts
Starker Vorteil einer programmierbaren Lösung, also Computereinsatz, ist natürlich die Flexibilität. Fehler oder überraschende Kundenwünsche oder Effekte/Störungen können in der Entwicklungs- und Testphase noch ohne zeitraubende und teure Umbauten von „fester Verdrahtung“ umgesetzt werden. Hierbei arbeitete BBC mit Computerherstellern zusammen (bekannt: Honeywell, Digital Equipment Corporation=DEC)

Offenbar gab es aber auch für BBC hier Wettbewerb, oder war das System 16 von Honeywell 1968 Vorbild für BBC? (Honeywell, 1968)

 

BBC DP700

Abbildung 4: DP 700 (BBC-Library, 1974)

 

Technische Daten

Der DP700 war noch „zusammengesteckt“ aus Großplatinen, wie es für „Mini“-Computer dieser Zeit noch üblich war. Diese wurden in 19“-Schränken mit weiteren Einschüben für periphere Elektronik verbaut. Größtes Bauelement konnte im Schrank ein Trommelspeicher sein. (BBC-Library, 1974) Bild 6 S.14 Erwähnenswert ist der äußerst selten vorkommende fest gefädelte ROM. „Vorteile: geringere Kosten und keine Störung durch elektromagnetische Felder und mechanische Einflüsse.“ (ebenda S.4 mitte unten, siehe auch WANG 600-Tischrechner und „Apollo guidance computer“), Zuse 31 (siehe Zuse-Museum Hünfeld), NIXDORF 820 (siehe technikum29.de) und WANG 700 (siehe in der Broschüre "20 Jahre Computermseum der Stuttgarter Informatik" (2017) Seite 58 oder Informatik Stuttgart).

Hauptpeicher:

Massenspeicher:

Peripherie:

I/O-Schnittstellen (maximal)

Architektur

Die Allokation des ROM kann mit verschiedenen Betriebssystemen (parallel), deren Erweiterung und Anwenderprogrammen erfolgen.

Die CPU kommuniziert über Busse: (BBC-Library, 1974) S.5 unten

Die Programmierung erfolgt Hardware-orientiert per

Mikro- und Makrobefehle können gemischt in Speicherblöcke programmiert werden. Betriebssystem ist hierbei die Bereitstellung eines Editors und Compilers für beide Assemblerarten. Die Mikrobefehle laufen schneller ab als die Makrobefehle, werden also für zeitkritische Prozesse angewendet.

BBC – DP 1000

BBC DP1000 logo Custom

BBC DP1000

Abbildung 5: Prozess-Datenverarbeitungssystem DP 1000 (BBC-Library, 1974)

Dieser Nachfolger wurde unter Ausnutzung des auf dem Markt vorhandenen Kleinrechners Honeywell 316 oder DDP516 vollkommen neu konzipiert. Herausragend und erwähnenswert ist auch die Kommunikation mit den Sensoren/Aktoren über ein standardisiertes Feldbussystem, lange vor Profibus oder Interbus, hier genannt „Prozessdatenkanal“ und „Unterverteiler.

Ein Prozesssteuerungssystem konnte aus mehreren Rechnern bestehen oder mit externen Rechnern gekoppelt werden.

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Abbildung 6: Honeywell H316 Computer © Computer Cabinett Göttingen e.V.
Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

Technische Daten

Zentraleinheit DP 1100 = Honeywell H316

Massenspeicher

Aufbau

Peripherie:

Prozessperipherie

digital 16 bit als Gleich- oder Wechselspannung , potentialfrei

Betriebssystem (BBC-Entwicklung)

Software

Architektur

Über den I/O-Bus der Zentraleinheit wird einerseits die übliche Computerperipherie verbunden, welche nicht zeitkritisch ist. Zusätzlich wird über den „Prozessdatenkanal“ - eine Anschaltbaugruppe zur Kommunikation mit dem Feldbus PA190 – ein oder mehrere „Unterverteiler“ digital über Adressen abgefragt/beschaltet, wobei jeder Adresse ein Eingang/Ausgang entspricht.
Der Festplattenzugriff, die Bildschirmdarstellung oder die Kopplung mehrerer Zentraleinheiten oder einer Zentraleinheit mit einem externen Rechner erfolgt durch den „schnellen Datenkanal“ (1 MB/s, direct memory access). Anmerkung: Es handelt sich offensichtlich um den Festplattenanschluss des H316, der auch für andere Zwecke verwendet wird, welche im Prospekt „DMA-Steuereinheit“ genannt wird.

Das Anwenderprogramm in PAS1 steuert als Hauptprogramm u.a. eigene oder PL/I-Prozeduren. Die Abfolgen sind über Prioritätsstufen geregelt, wobei alle PL/I-Prozeduren niedriger bewertet sind als PAS1-Prozeduren. Dies ermöglicht Echtzeitfähigkeit, wobei niedrig priorisierte Tasks „im Hintergrund“ des Prozesses rechnen dürfen, falls PAS1 keine Rechenzeit benötigt. Das real-time-Betriebssystem erhält die Maschinenbefehle über compilierte und gelinkte Hochsprachen-Quelle.

BBC- ED 1000-Familie

Die Weiterentwicklung der o.g. Systeme erfolgte auf Basis einer eigenentwickelten CPU mit eigenem „ED-Bus“ zur Zugriffssteuerung angeschlossener I/O’s (kaskadierbar über Unterbus) sowie einer Kopplungsmöglichkeit an weitere ED-CPU’s und/oder PDP 11 Minicomputer (Digital Equipment Corporation) mit deren „UNIbus“.

Dabei definiert BBC die neuen „Minicomputer“-Generationen der PDP-Serie als „large process computers“, da sie Betriebssysteme, viel mehr und schnellere Haupt- und Platten-Speicher, Hochsprachencompiler und schnellere Prozessoren haben als die oben vorgestellten „Kleinrechner“. (BBC-R3, 1974) S.384
Ansonsten ist die Familie als Baukasten für kleine bis große Systeme ausgelegt.

DEC PDP 1120 1 Mittel

Abbildung 7: PDP 11/20 von DEC / Rechnermuseum der GWDG -Göttingen entsprechend Fig. 4 in (BBC-R3, 1974)
Photo ©: Jens Kirchhoff / Goettingen-Germany / Computer Cabinett Goettingen e.V. / Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0

Neu sind die Feldbus/Fernbus-Netzwerke in ggf. physikalischer Baumstruktur mit berechenbarer Antwortzeit über das wahlweise zyklische oder nicht-zyklische Protokoll/Telegramm. So sind große Netze mit PDP11 und/oder ED-Modulen möglich.

Zusätzlich gibt es auch einen Prozess-Monitor, wahlweise über das BBC-System ED1800 (nicht druckend) oder einer PDP 11 (mit Druckausgabe).

Technische Daten

PDP 11/20 (DEC-1, 1970), später PDP 11/05

ED 1800 / 1810

Software

PDP 11

ED 1800

Architektur

Die Busse der beiden Systeme sind koppelbar, so dass eine PDP die Kontrolle über den ED-Bus übernehmen kann. Aber auch ein Tandembetrieb zweier oder mehrerer ED-CPU’s ist konfigurierbar, indem sie an dem Bus liegen und über externen Controller gesteuert werden, teils also auch parallel arbeiten können.

Physikalisch können Netzwerke in Bus-, Ring- oder Sternanordnung gebaut werden, wobei die Kommunikation bzw. der Ablauf des Zugriffs über einen Steuerrechner und deren Unterrechner erfolgt, nach programmierter Priorität.

ED-Bus (ED 1780/1781)

verbindet insgesamt 16 Geräte, wahlweise

Die Kommunikation ist im Sternverkehr mit der CPU als Kopf organisiert, dessen Programm die Zugriffe, ggf. nach Priorität steuert.

Über Interfaces lassen sich Unterbusse andocken, so dass physikalisch ein Baum machbar ist.

PDP11-Interface ED 1841

Über das Interface lässt sich der UNIBUS mit dem ED-Bus verbinden. In der Regel erledigt die PDP umfangreichere Berechnungen, Protokollierungen und Speicherungen, während der ED-Bus die engere Prozessüberwachung beinhaltet.

Fernsteuersysteme

Indactic 13 (simplex) und Indactic 33 (duplex) ermöglichen eine Datenfernübertragung (DFÜ) mittels Modem (50 bis 1200/2400 Baud) an bis zu 15 Unterstaionen. Hierbei sind Netze beliebiger Topologie möglich, da über Zwischenstationen geroutet werden kann. Sowohl ED-Bus, als auch UNIBUS können das System nutzen.

Der Anschluss erfolgt statt I/O-Modul an jeden gewünschten ED-Bus. Das Protokoll ist 8-bit-gestückelt und überträgt maximal 64 Datenworte. Die kritische Zykluszeit berechnet sich aus Anzahl der Datenworte und Übertragungsgeschwindigkeit.

Computer Interface ED 1842

Externe Computer können ebenfalls angeschlossen werden. Über die Technik ist nichts bekannt.

Daten- und Ereignis-Logger Indactic 41/42

Entsprechend der ED-Busstruktur, einschließlich Fernsteuersystem kann auch protokolliert werden: Fehlermeldungen, Alarme, kritische Daten. Das System 41 funktioniert mit ED 1800/1810 und kann nicht drucken sondern nur Anzeigen. System 42 funktioniert mit PDP 11 und ist druckfähig. Die kritischen Signale erzeugen ein CPU-interupt, wonach die meldende Adresse, der Meldungscode und die Zeit (Quarzuhr) gepuffert werden. Aus dem Puffer heraus, also Zeit-unkritisch- generiert die CPU die Klarschriftmeldungen für den Ausdruck.

Umgekehrt kann das System auch zum Monitoring genutzt werden. Die kritischen I/O werden dabei zyklisch abgefragt.

Literaturverzeichnis

  Aigner, T. (Produzent), pilotsEye.tv (Autor), & Aigner, T. (Regisseur). (2017). BOSTON | Cockpitmitflug A350 [Kinofilm]. München.

  BBC-Library. (1974). Prozess-Datenverarbeitung (Bd. 1264 (10/71 5 A)). Mannheim: Brown Boveri & CIE AG.

  BBC-R1. (12 1974). Brown Boveri Review 12/1974. Von Volume 61: https://library.e.abb.com/public/01ea301de5f64f6c8317bb1e28b6c2b2/bbc_mitteilungen_1974_e_12.pdf abgerufen

  BBC-R2. (10/11 1973). Brown Boveri Review , Volume 60. Brown Boveri Review, 60. Von https://library.e.abb.com/public/0fd2db67c8e440d99d5ec0f8ba684464/bbc_mitteilungen_1973_e_10-11.pdf abgerufen

  BBC-R3. (08 1974). Brown Boveri Review , Volume 61. Brown Boveri Review, 61.

  Computer History Museum. (13. 05 2020). Real-Time Computing. Von https://www.computerhistory.org/revolution/real-time-computing/6/intro abgerufen

  DEC-1. (1970). PDP 11 handbook. (D. E. Corporation, Hrsg.) Maynard, USA. Von http://bitsavers.informatik.uni-stuttgart.de/pdf/dec/pdp11/1120/PDP-11_Handbook_Second_Edition_1970.pdf abgerufen

  Dorfmeister, K. (1981). Rechnereinsatz in der Wasserkraftwirtschaft (Bd. 20). (S. d. Wien, Hrsg.) Wien: Springer. doi:ISBN 978-3-211-81657-8

  Haehnle, U. (25. 05 2020). Spannungs-Frequenz-Umsetzung. Von https://www.alte-messtechnik.de/technik/ad-wandlung.php abgerufen

  Honeywell. (1968). system 16 Direct Digital Control System / Summary Brochure. Von http://s3data.computerhistory.org/brochures/honeywell.series-16.1968.102646221.pdf abgerufen

  Krüger, G. (1984). Prozessrechner und Informatik Rückblick, Stand und Zukunftsperspektiven. In H. Trauboth, & A. Jaeschke, Prozeßrechner 1984, Prozeßdatenverarbeitung im Wandel (S. 2 ff). Berlin: Springer.

  Lackes, R. (kein Datum). In Gabler Wirtschaftslexikon. Springer.

  Lohninger, H. (05. 12 2010). Sukzessive Approximation. Von Angewandte Mikroelektronik: http://www.vias.org/mikroelektronik/adc_succapprox.html abgerufen

  Trauboth, H., & Jaeschke, A. (1984). Prozeßrechner 1984, Prozeßdatenverarbeitung im Wandel. Gesellschaft für Informatik. Karlsruhe: Springer.

Scan der Broschüre siehe "Attachements" (unten) in pdf. Nur für nichtkommerzielle Zwecke / Forschung


Scan der BBC-DP-Broschüre